Was ist ein Paradoxon? Beispiele, Wirkung & Erklärung

Das rhetorische Stilmittel des Paradoxons beschreibt in der Stilkunde, wie aber auch in der Philosophie, eine vermeintlich falsche Aussage. Bei einer ausführlichen Überprüfung dieser erschließt sich dem Leser durch das Paradoxon im Text jedoch eine höhere Wahrheit, welche auf den ersten Blick verborgen geblieben ist. Wörtlich ins Deutsche übersetzt bedeutet das griechische Wort „paradox“: überaus merkwürdig oder lässt sich ebenfalls als „widersprüchlich“ übersetzen. „Der allgemeinen Meinung widersprechend“ ist ebenfalls eine deutsche Übersetzung, die den Zustand eines Paradoxons treffend beschreibt. Paradoxa treffen Sie häufig in religiösen Schriften an, vor allem in den literarischen Epochen des Expressionismus und im Barock finden sich allerlei Paradoxa.

Wirkung eines Paradoxons im Text auf den Leser

Wird ein Paradoxon im vorliegenden Text gefunden, wird dadurch ein abwegiger, übertriebener oder ein offenbar widersinniger Umstand, wie auch ein solcher Gedanke beschrieben. Auch ein Oxymoron kann ein Paradoxon sein, bei näherer Betrachtung fällt der scheinbare Widerspruch dem Leser auf, das Paradoxon ist im Text identifiziert. In antiken Schriften wurden Paradoxa oftmals verwendet, um das Nachdenken des Lesers anzuregen. Da Paradoxa oftmals in Rätselform angewendet werden, kommt es ferner dazu, dass der Leser den tieferen Sinn der Aussage für sich selbst erschließen kann.

Formen des rhetorischen Stilmittels Paradoxon

Es können in der Textanalyse vier unterschiedliche Formen von Paradoxa gefunden werden. Diese sind:

  • – Das semantische Paradoxon wird durch eine widersprüchliche Zeichensetzung eingesetzt.
  • – Beim logischen Paradoxon kann die eigentliche Behauptung negiert werden, die auf sich selbst bezogene Aussage im Text ist dann also nicht richtig.
  • – Ein rhetorische Paradoxon gibt einen Scheinwiderspruch an, bei näherer Analyse ist die Widersprüchlichkeit der Behauptung jedoch nicht mehr gegeben.
  • – Sie erkennen ein metaphysisches Paradoxon daran, dass die Aussage selbst nicht mit dem eigenen Verstand zu begreifen ist. Ein Beispiel für diese Form des Paradoxons ist etwa „die Unendlichkeit des Weltalls“.

Beispiele für Paradoxa, die Sie im zu analysierenden Text finden können

Ein schönes Beispiel für eine paradoxe Satzaussage ist die Feststellung: „Ich lüge immer!“. Wäre diese Behauptung nicht widersinnig, wäre der Aussagesatz ebenfalls eine unwahre Äußerung!

Bekanntes Beispiel eines Paradoxons von Sokrates:
„Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ Gerade in der Philosophie wird dieser Satz gerne aufgegriffen und analysiert, bei genauerer Untersuchung geht es bei dieser Behauptung keinesfalls darum, gar nichts zu wissen.

Beispiel Paradoxon in Kombination mit einem Parallelismus:
„Das Leben ist der Tod, und der Tod ist das Leben.“
Die tiefere Bedeutung dieses Paradoxons erschließt sich dem Leser beziehungsweise dem Zuhörer erst, nach einer eigenen Interpretation der Behauptung. Diese kann auf unterschiedliche Weisen erfolgt, es gibt für dieses Beispiel eines Paradoxon keine lineare Musterlösung in nur eine Richtung. Gleichzeitig enthält der widersprüchliche Aussagesatz noch das rhetorische Stilmittel eines Parallelismus.

Im Johannes-Evangelium in der Bibel finden wir folgendes Beispiel für ein Paradoxon:
„Wir sind stark, wenn wir schwach sind, und kraftlos in der eigenen Stärke.“
Auch dieses Paradoxon liegt in der Verbindung mit einem Parallelismus vor, im vorliegenden Aussagesatz werden Stärke und Schwäche in einer unwirklich scheinenden Form gegenüber gestellt. Die verborgene Symbolik in diesem berühmten Paradoxon lässt sich allgemein auf den christlichen Glauben übertragen.

Wo wir Paradoxa antreffen

Paradoxa finden sich nicht nur im Deutschunterricht und in anderen Sprachen. Auch in der Physik begegnen wir eine Reihe an Paradoxa, zum Beispiel Schrödingers Katze oder das legendäre Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon sind in diesem Zusammenhang zu nennen. In der Mathematik hören wir in der Oberstufe von Hilberts Hotel, auch das Zusammentreffen von Parallelen in der Unendlichkeit lässt sich nicht so leicht durch logisches Nachdenken verstehen. In der Biologie stehen die Wissenschaftler vor diversen Rätseln, paradoxerweise können Hummeln tatsächlich fliegen und auch die Stromlinienförmigkeit eines Walfisches lässt sich nicht ohne die Zuhilfenahme von Paradoxa klären und belegen. Im Bereich Psychologie finden Sie die paradoxe Intervention, auch in den Geowissenschaften oder in ökonomischen Studienfächern werden Sie immer wieder über Paradoxa stolpern.

Studenten an deutschen Wirtschaftshochschulen beschäftigen sich in den ersten Semestern zum Beispiel intensiv mit der Fragestellung, wie sinkende Steuersätze in einem Wirtschaftssystem dazu führen können, dass die Steuereinnahmen in ihrer Gesamtheit steigen. Wer sich genauer mit dieser Thematik befassen möchte, kann sich Informationen über das Laffer-Paradoxon beschaffen. In der Informatik treffen wir das Moravec’sches Paradox an, ferner beschäftigte sich der Philosoph Goodman ausführlich mit dem Paradox der Hässlichkeit.

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