Beispiel Gedichtanalyse von „Der Tanzbär“ von Lessing

In einer Gedichtanalyse zerlegt man ein Gedicht Stück für Stück in die einzelnen Bestandteile. Daraus lassen sich Erkenntnisse gewinnen, bezüglich der Epoche, in der es entstand, dem Reimschema, das verwendete Stilmittel und natürlich schlussendlich die Interpretation selbst.

Aufbau einer Analyse

Eine Gedichtanalyse baut sich der Reihe nach auf. Zuerst kommt die Einleitung, in der allgemeine Informationen des Gedichtes beschrieben werden. Dazu gehört der Titel, sowie der Autor, die Epoche der Entstehung, welche Gedichtart es, worum das Gedicht handelt und die Interpretation des Gedichtes, die sich zu Beginn manchmal nur vermuten lässt. Im Hauptteil wird die äußere Form des Gedichtes beschrieben. Wie viele Strophen hat das Gedicht, welches Reimschema hat es und ob männliche oder in welcher Kadenz (männliche Kadenz: Vers endet auf einer betonten Silbe, weibliche Kadenz, Vers endet auf einer unbetonten Silbe) es geschrieben wurde. Ebenso sollte genannt werden, welche Stilmittel verwendet worden sind. Das Fazit fasst zum Schluss noch einmal alle Informationen kurz und bündig zusammen und gleicht diese auch mit der vermuteten Intention des Gedichtes von vor der Analyse ab. Der erste Eindruck des Gedichtes lässt sich hier so entweder bestätigen oder falsifizieren.

Gedichtanalyse am Beispiel „Der Tanzbär“ von Lessing

Einleitung

Das Gedicht der Tanzbär von Gotthold Ephraim Lessing wurde 1751 geschrieben. Es fällt damit unter die Epoche der Aufklärung, welche in etwa in der Zeit von 1720-1800 vorherrschte. Die Aufklärung wurde stark bestimmt durch philosophische Einflüsse, allen voran Immanuel Kant, welcher zur Orientierung des Verstand als Leitziel vorgibt. Man darf also davon ausgehen, dass das Gedicht eine Art Lehrgedicht ist, eine in Versform erzählte Fabel, welches einen tieferen Sinn veranschaulichen möchte. Aufgrund der Art des Gedichtes hat es kein festes Reimschema. Vermutlich ist auch eine Moral enthalten, die es zu erschlüsseln gilt.

Hauptteil

Veranschaulicht wird das oft und gern mit Tieren, in diesem Fall Bären. Es geht um einen Bären, der aus der Gefangenschaft entkommen ist und wieder zurück in den Wald zu seinen Artgenossen kam. Er war so stolz auf sein Können und wollte seinen Artgenossen damit beeindrucken und tanzte ihnen etwas vor. Dabei gab er damit an, dass das und nur das Kunst sei. Doch die anderen Bären waren nicht sonderlich beeindruckt und sagten nur, dass er sich zum Sklaven gemacht habe.

Das Gedicht ist in zwei Strophen zu je zehn und sieben Zeilen geteilt. Der Tanzbär wurde einst seiner natürlichen Lebensweise mit Gewalt entrissen. Von dieser Kette reißt er sich, wohl Jahre später, nachdem Erziehung und Dressur bereits erfolgreich waren, wieder los und kehrt dahin zurück, wo er herkommt. Mit den anderen Bären kann er wohl nicht mehr viel anfangen, er sieht sie als niedere Geschöpfe, welche keine Kunst beherrschen, die er selbst nun beherrscht. Damit gibt er vor ihnen an.

„Auf den gewohnten Hinterfüßen“ zeigt an, wie sehr der Bär bereits „programmiert“ wurde, glauben gemacht wurde, dass er das tun muss und nur das gut ist, sodass er es nicht mehr anders kennt und für ihn völlig normal ist. Das erkennt auch ein alter Bär, der von der Vorführung überhaupt nicht beeindruckt ist. Er sagt ihm, dass diese Kunst wohl schwer und rar sein mag, dennoch entstammt sie aus dem aufgezwungenem Willen eines anderen, wodurch sich zeigen würde, dass er nur ein Sklave sei. Und inzwischen, wo er der Sklaverei eigentlich entflohen ist, so ist er immer noch ein Sklave seiner eigenen Gedanken, weil er es so lange so machen musste, vermutlich aus Angst vor Schmerzen, und es nicht mehr anders kennt.

Im zweiten Teil des Gedichtes zieht der Autor nun einen Vergleich vom Tanzbären zum Hofmann, der zur Zeit der Aufklärung ein großes Ansehen hatte, das er aber nur mit List und Schmeichelei erreicht hatte. Wie auch der Tanzbär bekommt der Hofmann Lob für etwas, was er gar nicht von sich aus macht, sondern von anderen aufoktroyiert bekommen hat. Er will gefallen. Das hat er solange so gemacht, dass das nun seinen wahren Charakter völlig übertüncht.

Am Ende kommt auch das Lyrische Ich zum Einsatz. Es fragt, ob das Lob oder Tadel einschließt. Damit ist gemeint, ob das jetzt lobenswert sei, wenn man sich andere Eigenschaften zu eigen gemacht hat, auch wenn man sich dabei selbst verliert. Die Antwort finden wir im alten Bären.

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