Das Brot Wolfgang Borchert – Interpretation und Inhaltsangabe

Das Brot von Wolfgang Borchert gehört zur Gattung der Kurzgeschichten und wurde 1946, wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, veröffentlicht. Inhaltlich geht es um die Hungersnot der Bevölkerung in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Werk gehört folglich zur frühen Nachkriegsliteratur und speziell zur sogenannten „Trümmerliteratur“, welche sich mit den Folgen und der Zerstörung des Zweiten Weltkriegs auseinandersetzt.

Bewertungen der Kurzgeschichte:

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Der Inhalt der Geschichte

In der Kurzgeschichte „Das Brot“ geht es um ein älteres Paar, das zusammen in einer Wohnung in Deutschland lebt. Die Geschichte wird aus auktorialer Perspektive erzählt.

Eines Nachts wacht sie auf, weil sie Geräusche aus der Küche gehört hat. Ihr Mann liegt nicht wie gewohnt im Bett neben ihr, also steht sie auf und geht in die Küche. Dort ertappt sie ihren Mann dabei, wie er gerade eine Scheibe Brot gegessen hat.

Der Mann versucht sich herauszureden und sagt, dass er Geräusche gehört hat und nachsehen wollte. Die Frau durchschaut die Situation und auch ihr Mann begreift, dass er ertappt wurde. Letzten Endes versuchen beide der peinlichen Situation auszuweichen und bestärken sich gegenseitig darin, dass da wohl doch ein Geräusch war.

Die Beiden gehen wieder ins Bett und die Frau hört, wie der Mann noch das Brot im Mund kaut. Am nächsten Tag isst die Frau nicht wie üblich drei Scheiben Brot, sondern gibt ihrem Mann eine ab, damit es nicht wieder zu einer ähnlichen Situation in der Nacht kommt. Sie sagt, ihr werde schlecht vom Essen, um sich zu rechtfertigen.

Die Interpretation

Die Geschichte beschreibt anhand eines konkreten Beispiels, wie sich die Nahrungsmittelknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Menschen ausgewirkt hat. Das alte Paar versucht auf seine Art mit der Situation fertig zu werden. Der harte Alltag ist aus heutiger Sicht nur schwer vorstellbar, damals war es aber harte Realität.

Die Geschichte besteht aus drei Teilen. Dabei findet der erste auf dem Weg in der Küche, der zweite in der Küche und der dritte am nächsten Tag statt.
In seinem Raum und in seiner Zeit ist die Geschichte, wie ein klassisches Drama auch, eng umgrenzt.
So gibt es nur zwei Personen, einen Zeitraum von weniger als 27 Stunden und zwei Räume – die Küche und das Schlafzimmer.

Die Erzähltechnik

Gebildet wird die Geschichte aus kurzen und einfachen Sätzen.
Auch Wiederholungen und unvollständige Sätze kommen zu Hauf in der Geschichte vor.
Was den Wortschatz betrifft, so gleicht dieser dem eines Grundschülers und der Dialog ist, zum großen Teil, umgangssprachlich.

Dieser Wortschatz, gepaart mit den häufigen Wiederholungen, sorgt dafür, dass der peinliche Eindruck der Situation bei dem Leser verstärkt wird. Auch die Kahlheit der Situation wird dadurch verstärkt, dass weder das Aussehen der Hauptpersonen, noch deren Namen genannt werden.

Die auktoriale Perspektive

Die Tatsache, dass der Autor immer wieder zwischen den Gedanken der beiden Personen hin und her springt, wird als auktoriale Perspektive bezeichnet.

Obwohl es sich bei der Geschichte um eine Kurzgeschichte handelt, ist die auktoriale Perspektive, nicht der Blickwinkel, welcher für eine Kurzgeschichte in der Regel verwendet wird. Vorbild für den Autor sind hierbei Erzählungen deutscher oder russischer Tradition.
Es wird eine Geschichte aus dem Alltag erzählt und der Autor legt keinen Wert auf Überraschungen oder Pointen.

Das Geschehnis hingegen ist nicht banal, sondern es handelt sich um die Realität Deutschlands in der Nachkriegszeit.

Die psychologische Ebene

Als psychologische Geschichte, wird die Betonung durch den Autor Borchert auf die Küche gesetzt. Dort ertappt die Frau den Mann auf frischer Tat und lässt sich dies nicht anmerken. Der Mann merkt oder vermutet, dass die Frau etwas bemerkt hat, lügt trotzdem und verschlimmert die Situation dadurch nur noch mehr.

Aus diesem Grund denkt sich die Frau, dass der Mann sich diesen Diebstahl bereits beim Abendessen ausgedacht und geplant hat. Sie denkt, er hätte nur gewartet, dass sie schläft, um essen zu können.

Dass sie nicht über den Verrat spricht, heißt nicht, dass sie unfähig ist darüber zu sprechen. Es heißt auch nicht, dass sie den Konflikt nur vermeidet, weil sie ökonomisch von ihrem Mann abhängig ist, ihn liebt oder Angst vor ihm hat. Was genau ihre Motivation ist wird in der Geschichte nicht ersichtlich. Es lässt sich jedoch in der Nachkriegszeit, in welcher die eigenen Gefühle nicht ausgedrückt wurden, da dies verpönt war, einordnen.

Das liegt an der Tatsache, dass die Nazirhetorik die Menschen dazu gebracht hat Konflikte zu vermeiden und unter den Teppich zu kehren.

Heute würde man das Verhalten der Frau als konfliktscheu betrachten. Ende der 40er und Anfang der 50er Jahre war dieses Verhalten jedoch ein Teil der Mentalität und des vorbildlichen Verhaltens der Frau zu dieser Zeit.

Die sozialökonomische Ebene

Der Mann lügt aus der materiellen Not heraus seine Frau an. Der Autor selbst heißt diese Lüge nicht gut und legt die Sympathiepunkte somit auf die Seite der Frau.

In der heutigen Zeit wäre das Verhalten des Mannes als Mundraub zu werten.

Der Autor stellt die sozialökonomische Situation in der Nachkriegszeit in Deutschland dar, wozu der Konflikt der beiden Hauptpersonen beiträgt.

Die moralische Ebene

Moralisch und ethisch gesehen ist die beschriebene Situation ein Verrat des Mannes an seiner Frau.

Er schleicht sich heimlich in die Küche und lügt sie an, als er von dieser erwischt wird.
Er hätte seine Frau nach etwas mehr Brot fragen können, und dies womöglich auch bekommen. Dies verdeutlicht ihm die Frau am nächsten Morgen, als sie ihm eine ihrer Scheiben überlässt. Dadurch verstärkt sie jedoch gleichzeitig auch die Schuldgefühle des Mannes.

Allgemein ist die Reaktion der Frau, welche ihren Mann nicht zur Rede stellt, eine Reaktion auf ein Unrecht.

Sie straft ihn, gewollt oder ungewollt, mit christlichen Mitteln, ganz nach dem Motto auch die andere Wange hinzuhalten, wenn man eine Ohrfeige bekommt.
Das Brot, welches sie ihm am nächsten Morgen überlässt ist also eher eine Peitsche, da sie ihn dadurch wortlos straft.

Dabei spricht keiner der beiden Beteiligten über das Unrecht, welches ihnen verfährt, über die Gedanken oder die Gefühle.

Das Schweigen ist äußerst charakteristisch für die Nachkriegszeit, in welcher die Menschen das Unrecht, welches ihnen durch den Nationalsozialismus widerfahren ist, zu verdrängen versuchten.

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