Der Klassizismus gilt als Nachfolger und auch als Gegenstück des Barock. Die klaren Farben und strengen Formen orientieren sich an altgriechischen Tempeln und lösen liebliche Putti und überbordende Goldfresken der vorangegangenen Epoche ab.
Das Barock begann um 1590 als Teil der Gegenreformation. Die Architektur, der Landschaftsbau und die Malerei verschmolzen zu einem Gesamtkunstwerk, das die Gefühle der (katholischen) Gläubigen anregen und sie wieder zum Glauben zurückführen sollte. Dieser Ansatz verschwamm mit der Zeit im weltlichen Leben und griff eine allgemeine Freude am Sinnlichen auf. Tanz und Musik richteten sich ebenfalls nach den Stilen der Epoche, die vor allem vom französischen Hof und dem Sonnenkönig Ludwig XIV beeinflusst wurde.
Um 1770 wandelte sich das Verständnis der Menschen, das Leben sollte einfacher werden. Die Französische Revolution befeuerte die Ausbreitung des Klassizismus als etwas Neues, das den Muff vergangener Zeiten abwirft. Durch die napoleonischen Eroberungen verbreitete sich der Revolutionsstil in ganz Europa.
Der Frühklassizismus
Der Klassizismus tauchte nicht einfach aus dem Nichts auf. Klassizistische Strömungen, die bereits in der Renaissance existierten, zeigte immer wieder die Hinwendung einzelner Architekten zum geradlinigen Stil der Antike. Der italienische Architekt Andrea Palladio (1508 – 1580) orientierte sich sehr stark an den Bauwerken der italienischen Antike. Seine Villa Godi in Lonedo di Lugo oder die Villa Emo in Fanzolo di Vedelago könnten auch aus der Feder eines Architekten des frühen 19. Jahrhunderts stammen.
Die Ausgrabungen in Pompeji und Herculaneum Ende des 18. Jahrhunderts beflügelte die Begeisterung für die Antike und trug einen großen Teil dazu bei, dass Mode, Architektur und Landschaftsbau sich den klaren Formen jener Zeit zuwendeten. Die Menschen begannen damit, eine gewisse Einfachheit im Leben der Antike zu sehen.
Die Formen des Barock wurden in Kunst und Architektur drastisch reduziert. Aus Fresken mit üppigen Blumengirlanden wurden nüchterne, schmale Zöpfe. Aus Gemälden und Deckenmalereien mit pausbäckigen Engeln wurden Kunstwerke mit griechischen Schönheiten in drapierten Gewändern.
Einige der frühesten Bauwerke im frühklassizistischen Stil sind das Panthéon in Paris, die Umgestaltung der Villa Borghese und das Neue Palais in Potsdam. Häufig sind hier noch barocke Elemente zu finden, die mit den Elementen des Klassizismus verschmelzen.
Neu ist in jener Epoche die großzügige Verwendung von Marmor und der Integration von antiken Elementen wie Büsten und Fresken in das Gesamtbild. Die Bauwerke wurden wuchtiger, kantiger und wirkten nüchterner.
Carl Gotthard Langhans (1732 – 1808), der Erbauer des Brandenburger Tors, gilt als einer der bekanntesten deutschen Architekten des Frühklassizismus und trug maßgeblich zur Gestaltung Berlins bei.
Die Revolutionsarchitektur
Der Klassizismus ist eng mit den Geschehnissen der Französischen Revolution und mit Napoleon Bonaparte verknüpft. Der nüchterne, klare Stil des Klassizismus galt den Revolutionären zunächst als Gegengewicht zum Prunk des verhassten Ancien Régime, später sollten immer wuchtigere Bauwerke die Macht des neuen Kaiserreiches unter Napoleon repräsentieren. Der Stil breitete sich mit seinen Eroberungen der bis nach Russland aus, wo die Architektur St. Petersburgs stark vom Klassizismus der Revolutionsjahre geprägt wurde.
In Inneneinrichtung und Kunst herrschte in jener Zeit der Directoirestil vor, der sich der schlichten Eleganz verschrieben hatte. Besonders der Maler Jacques-Louis David prägte den Directoirestil und wurde zum Hofmaler Napoleons.
Ein besonderes Stilmerkmal dieser Epoche waren Banner, Speere, Kronen und Adler, die sich an den Symbolen des römischen Reiches orientierten und auf die Siege Napoleons hinweisen sollten.
Die Restauration
Dieser Stil gilt streng genommen bereits als Nachfolger des reinen Klassizismus und schließt nach der Niederlage von Waterloo 1815 an die Revolutionsarchitektur an. Der deutsche Restaurationsstil ist aber immer noch stark vom Klassizismus mit seinen einfachen Formen geprägt, der sich noch bis etwa 1848 hielt.
In England blühte mit dem Regency ein eigener Klassizismus auf, der als Gegenentwurf zur französischen Revolutionsarchitektur gesehen wurde. Ein besonders imposantes Bauwerk jener Epoche ist das ab 1825 errichtete British Museum, das mit seinen Säulengängen den Vorstellungen eines Wissenstempels nahekommt.
Der wohl bekannteste deutsche Architekt dieser Epoche ist Karl Friedrich Schinkel (1781 – 1841),der besonders Berlin prägte und Bauwerke wie das Schauspielhaus und das alte Museum schuf.
Der Historismus
Ähnlich wie der Antike in der Geschichte das Mittelalter folgte, so folgte dem Klassizismus mit seinen antiken Anklängen ab Mitte des 19. Jahrhunderts der Historismus mit mittelalterlichen Stilelementen. Besonders Rundbogenfenster gelten als Zeichen des Übergangs in diese Epoche.
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