Stefan Zweigs Novelle „Schachnovelle“, die er zwischen 1938 und 1941 verfasste, entstand damit während des Zweiten Weltkrieges. 1942 wurde sie in Buenos Aires veröffentlicht, ein Jahr später gegen Ende 1943 in Europa und im darauffolgenden Jahr erschien auch die erste englische Übersetzung in New York. In Deutschland erschien die Novelle erst 1974 im Taschenbuchformat und erlangte dadurch Berühmtheit.
Die Handlung von „Schachnovelle“ dreht sich hauptsächlich um den ehemaligen Gefangenen der Gestapo Dr. B., den Schachweltmeister Mirko Czentovic und den Öl-Millionär McConnor. Dabei werden die Ereignisse auf einem Passagierdampfer geschildert, auf dem sich die drei Figuren treffen.
Ein Schachweltmeister und ein Gefangener, der durch Zufall zum Schachspieler wurde, treffen aufeinander
Die „Schachnovelle“ teilt sich in zwei Handlungsstränge. Zum einen erzählt sie von der Begegnung mit dem Schachweltmeister Mirko Czentovic, zum anderen von dem Gespräch zwischen Dr. B. und des Ich-Erzählers. Bei diesem berichtet Dr. B. in Rückblenden von seiner Zeit als Gefangener der Nationalsozialisten und davon wie er Schachpartien auswendig lernte, um während seiner Isolation nicht den Verstand zu verlieren.
Der Ich-Erzähler erfährt, dass Mirko Czentovic wie er selbst Gast auf dem Passagierschiff ist, das auf dem Weg von New York nach Buenos Aires ist. Da Czentovic als wortkarg und eher schüchtern gilt, ist nur wenig über ihn bekannt. Sein Talent im Schach wurde bereits früh entdeckt, nachdem er nach dem frühen Tod seiner Eltern in die Pflege zu einem Pfarrer gekommen ist. Dieses Talent fördert der Pfarrer, sodass Czentovic bereits mit 20 Jahren Schachweltmeister ist und durch seine Reisen die Welt kennenlernt.
Trotz seiner Schüchternheit trifft Mirko Czentovic auf dem Schiff schließlich auf den Öl-Millionär McConnor, der gegen den Ich-Erzähler Schach spielt und auch unbedingt gegen den Schachweltmeister antreten will, nachdem er erfahren hat, wer Mirko wirklich ist. Als Mirko Czentovic seitens des Millionärs die Aussicht auf eine hohe Gewinnsumme gestellt wird, willigt er ein gegen ihn zu spielen und ist sogar bereit, auch gegen mehrere Passagiere gleichzeitig anzutreten. Die erste Runde verlieren der Millionär und der Ich-Erzähler jedoch, woraufhin eine Revanche verlangt wird. Bei dieser tritt Dr. B. auf und bewahrt sie vor einer weiteren Niederlage.
Die Zeit der Gefangenschaft von Dr. B.
Daraufhin kommen der Erzähler und Dr. B. einen Tag später ins Gespräch, bei dem Dr. B. von seiner Vergangenheit berichtet und der Grund für dessen gute Schachkenntnisse ans Licht kommt. Eigentlich ist Dr. B. in den 1930er Jahren Vermögensverwalter des österreichischen Klerus und Adels. Nachdem 1938 die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler einmarschiert waren, wurden diese auf ihn aufmerksam, da sie das Kirchenvermögen, das er verwaltete, an sich bringen wollten. Um dafür an Informationen und belastendes Material zu gelangen, wird Dr. B. von der Gestapo verhaftet, die ihn isoliert und verhört. Immer wieder geht er in seiner Isolation seine Verhöre durch, um sich zu vergewissern, dass er nichts verraten hat.
Als er auf sein nächstes Verhör wartet, entdeckt Dr. B. nach vier Monaten in Gefangenschaft ein Buch in einer Manteltasche vor dem Befragungszimmer, welches er stiehlt, um nicht den Verstand zu verlieren und sich abzulenken. Zunächst ist Dr. B. enttäuscht, da das Buch lediglich Schachpartien beinhaltet, doch nach und nach beginnt er, diese zu verstehen und setzt sich mit diesen auseinander, während er die Züge auswendig lernt. Da er das Buch schon bald vollständig auswendig kennt, fordert er sich selbst im Geist heraus und beginnt, die Partien gedanklich nachzuspielen. In einem solchen Spiel gegen sich selbst kommt es jedoch zu einer Bewusstseinsspaltung zwischen „Ich-Weiß“ und „Ich-Schwarz“, da er zeitgleich Spieler und Gegner ist. Diesen Zustand nennt er selbst „Schachvergiftung“. Durch diese Persönlichkeitsspaltung und das ständige gleichzeitige Gewinnen und Verlieren, verschlechtert sich sein psychischer Zustand und er wagt einen verzweifelten Ausbruchsversuch, bei dem er verletzt wird. Als er daraufhin im Krankenhaus erwacht, erklärt ihn der Arzt, der ihm wohlgesonnen ist, für unzurechnungsfähig. Dadurch wird die Haft von Dr. B. für beendet erklärt und er erlangt seine Freiheit zurück.
Schachspiel zwischen dem Schachweltmeister Mirko Czentovic und Dr. B.
Nach diesem Gespräch berichtet der Erzähler Dr. B. von seinem Spiel gegen den Schachweltmeister Mirko Czentovic, woraufhin Dr. B. beschließt, doch eine Partie Schach gegen Mirko Czentovic zu spielen, um seine Schachkenntnisse aus dem gelesenen Buch in der Praxis zu testen. So kommt es zu einer weiteren Begegnung mit dem Schachweltmeister, bei der er gegen diesen Schach spielt. Dabei gelingt es Dr. B., den Weltmeister zu schlagen. Bei der darauffolgenden Revanche erkennt Czentovic jedoch dessen Schwäche und lässt sich für seine Züge viel Zeit, was Dr. B. nervös und unruhig werden lässt. Dadurch reißt Dr. B. Geduldsfaden und er schreit seinen Gegner an, damit dieser schneller spielt. Dr. B. verliert so sehr die Beherrschung, dass er letztlich nicht mehr zwischen seiner Schachtheorie und der Realität auf dem Schachbrett unterscheiden kann. Erst mit Hilfe der Figur des Erzählers kann Dr. B. in die reale Welt zurückfinden. Er gibt die Partie gegen den Schachweltmeister auf, entschuldigt sich bei allen Anwesenden für seinen Ausbruch und die Beleidigungen und beschließt anschließend nie wieder Schach zu spielen.
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