Der im Jahr 1973 von Michael Ende veröffentlichte Roman „Momo“ zielt darauf ab, über die Gestaltung der verfügbaren Lebenszeit nachzudenken. Dabei lässt es der Autor offen wann die Handlung spielt.
Eine Stadt in Südeuropa wird von bösen Mächten heimgesucht. Graue Männer haben es darauf abgesehen, die wertvolle Lebenszeit und somit die Lebensqualität der Menschen zu stehlen. Nur die von Frohsinn erfüllte Momo hat die Kraft, mit Hilfe von guten Mächten, dem Bösen Einhalt zu gebieten.
Momos gesellschaftliches Umfeld
Die kleine, magere Momo ist aus einem Kinderheim entflohen. Momo besitzt lediglich die Kleidung die sie trägt. Niemand, nicht einmal sie selbst, kennt ihr tatsächliches Alter, das zwischen acht und zwölf Jahren geschätzt wird. Momo sucht Unterschlupf im ehemaligen Amphitheater, das ihr ausreichend Schutz und Sicherheit bietet.
Die ebenfalls armen Leute der Stadt sind großzügig und unterstützen Momo mit all ihren Möglichkeiten. Momo nimmt sich den Problemen der Erwachsenen an und hört geduldig zu. Die Kinder der Stadt verbringen ebenfalls gerne Zeit mit ihr. Überall um Momo entsteht eine angenehme, entspannte Atmosphäre. Beppo der Straßenkehrer und Gigi der Fremdenführer zählen zu Momos engsten Freunden. Die Charakter der beiden könnten unterschiedlicher nicht sein: Beppo ist ein erfahrener Mann, der seine Worte wohl überlegt wählt, was gelegentlich auch etwas länger dauert. Manche Leute wundern sich über diese Art. Momo hingegen gibt ihm ausreichend Zeit, seine Wortwahl zu ordnen.
Girolamo, von allen nur Gigi genannt, liebt es Geschichten zu erzählen und sieht das Leben gelassen und lustig. Gigi strebt in seiner Vorstellung danach, mit seinen Geschichten reich und berühmt zu werden. Für ihn ist es dennoch oberste Priorität, sich selbst in jeder Lebenslage treu zu bleiben.
Allmählich nähert sich ein unscheinbarer Schatten, welcher die Stadt zunehmend wie ein Mantel umgibt. Graue Männer, welche unentwegt kleine Zigarren rauchen, dringen in die Stadt ein. Zunächst treten diese nur vereinzelt auf, doch schon bald trifft man sie überall.
Im Umfeld dieser Gestalten scheint die Umgebung zu gefrieren, die Bevölkerung ist schutzlos ausgeliefert.
Im Bann der grauen Herren
Innerhalb kürzester Zeit tummeln sich so weit das Auge reicht Männer in grauer Gestalt. Sie sind allesamt Mitarbeiter der Zeitsparkasse und helfen den Menschen dabei, effektiv Zeit einzusparen.
Detaillierte Berechnungen belegen die tatsächliche Zeitersparnis, welche erzielt werden kann, wenn überflüssige Aktivitäten dem Alltag weichen.
Der Plan geht auf und die Bevölkerung setzt alles daran, um möglichst viel Freiraum zu schaffen. Die Menschen stehen permanent unter Druck, erledigen ihre Aufgaben schneller und sind mit ihren Gedanken bereits beim nächsten Termin. Die Freude an der Arbeit bleibt aus und selbst während der Freizeit kommen die Menschen nicht zur Ruhe.
Die verfügbaren Einkommen sind höher, die Lebensfreude hingegen leidet unter dem anhaltenden Termindruck. Je mehr Freizeit geschaffen wird, desto geringer scheint der Nutzen. Die Kinder leiden unter der Anspannung ihrer Eltern und bekommen kaum Aufmerksamkeit.
Momo durchschaut die Situation und versucht die gewohnten Umstände wiederherzustellen. Manch einer lenkt ein und ändert sein Verhalten, dadurch werden die grauen Gestalten auf Momo aufmerksam.
Sie versuchen Momo mit attraktivem Spielzeug für sich zu gewinnen, dafür soll sie sich von ihren Freunden abwenden. Ohne zu Zögern lehnt Momo ab.
Daraufhin setzt Momo alle Kinder vom Vorhaben der grauen Männer in Kenntnis. Gemeinsam fassen sie den Entschluss eine große Versammlung einzuberufen, die dazu dienen soll auch alle Erwachsenen aufzuklären. Der Einfluss der fremden Männer ist bereits so groß, dass keiner von ihnen erscheint.
Die grauen Herren verfolgen Momo mit dem Ziel, das Mädchen einzusperren. Mit Hilfe von Kassiopeia, der Schildkröte, gelingt Momo auf geheimen Wegen die Flucht aus der Stadt bis an den Rand der Zeit. In diesem Gebiet herrscht Meister Hora, der Verwalter der Zeit. Dieser hat die Aufgabe, den Menschen ihre individuelle Lebenszeit zuzuteilen. Diese selbst entscheiden dann, was sie aus dieser Zeit machen.
Momo erfährt von Meister Hora, dass die grauen Herren keine Menschen aus Haut und Haar sind, sondern eine böse Macht. Die unbekannten Männer stellen Momos Verfolgung ein und spezialisieren sich darauf, ihre Freunde zu beeinflussen, damit sie im Falle ihrer Rückkehr auf sich allein gestellt sein würde.
Derweil wird Momo von Meister Hora verzaubert und erkundet eine ganz besondere Welt. Hier blühen zahlreiche Stunden-Blumen von beeindruckender Schönheit, begleitet von lieblichen Klängen. Momo fühlt sich leicht und unbeschwert, ganz im Einklang mit dem Universum. Nachdem der Zauber seine Wirkung verliert, erfährt Momo, dass sie ihr eigenes Herz besucht hat.
Die Einzigartigkeit der Stunden-Blumen
Die Stunden-Blumen gedeihen in jedem Herz eines Menschen, sie verkörpern die verfügbare Lebenszeit. Auch die grauen Herren benötigen genau diese Blumen um am Leben zu bleiben. Sie trocknen die Blütenblätter und fertigen daraus ihre lebenserhaltenden Zigarren.
Mittlerweile unterliegt die gesamte Stadt dem Einfluss der grauen Gestalten.
Dank ihrer Hilfe ist Gigi schon bald medienweit präsent und alle Menschen kennen seine Geschichten. Im Gegenzug dazu wird sein Leben fremdbestimmt und verliert seine sonst so leichtsinnige Art und Weise.
Beppo unterdrückt seine Sorge um Momo und arbeitet pausenlos, da ihn die grauen Gestalten in den Glauben versetzen, er könne seiner Freundin durch Arbeit und Schweigen seinerseits helfen. Die Kinder der Stadt werden in Depots unterrichtet, um die nützlichen Dinge des Lebens zu erlernen.
Ein Jahr vergeht bis Momo in die Stadt zurückkehrt. Sie ist einsamer denn je, da ihre Freunde jeglichen Kontakt verwehren. Die grauen Herren schlagen Momo vor, sie und ihre Freunde zu schützen, wenn Momo ihnen im Gegenzug den Weg zu Hora zeigt. Dadurch würden diese Männer die uneingeschränkte Macht über die Lebenszeit erlangen, was den Untergang der Menschheit zur Folge hätte. Momo lehnt auch dieses Angebot entschieden ab.
In Begleitung von Kassiopeia bricht Momo ein weiteres Mal zu Meister Hora auf. Die Männer folgen ihnen unbemerkt. Der Zutritt zu Horas Reich bleibt den Unbekannten verwehrt, dennoch schaffen sie es, eine dichte Nebelwand aus Zigarrenrauch zu errichten, sodass Hora keine Lebenszeit mehr senden kann. Die einzige Hilfestellung die Hora noch bieten kann, ist alle Zeit der Welt für eine Stunde anzuhalten.
Nun liegt es an Momo, den Fortbestand der Menschheit zu retten. Sofort machen sich Momo und Kassiopeia auf den Weg um das Lager, in dem die grauen Herren die gesammelten Stunden-Blumen aufbewahren, ausfindig zu machen. Die dunklen Mächte brechen ebenfalls zu diesem Ort auf, um den vorhandenen Blumenbestand zu sichern. Dieser wird sich schon bald dem Ende neigen, wenn die Zeit weiter stillsteht.
Von Todesangst getrieben stehlen sich die grauen Herren gegenseitig ihre Zigarren, um sich selbst am Leben zu halten. Dabei überleben nur wenige von ihnen. Momo macht den Aufenthaltsort der dunklen Mächte ausfindig und verschließt die Tür.
Sobald alle Blumen verbraucht sind löst sich der letzte der grauen Herren auf.
In Form eines Sturms kehren die Stunden-Blumen als Lebenszeit in die Herzen der Menschen zurück.
Momo hat es geschafft, die Menschen finden in ihren gewohnten Alltag zurück und genießen das Leben in vollen Zügen. Die Arbeit bereitet Freude, die Menschen nehmen sich füreinander Zeit und die Straßen sind von fröhlichem Kinderlachen erfüllt.
Ein großes Fest im Amphitheater besiegelt den Zusammenhalt der Bevölkerung und steht ganz im Sinne der Unbeschwertheit.
Interpretationsansatz
Der im Jahr 1974 mit dem Jugendbuchpreis ausgezeichnete Roman „Momo“ hält die Menschen dazu an, die zwischenmenschlichen Beziehungen der modernen Zeit kritisch zu hinterfragen.
Die zentrale Botschaft welche Michael Ende mit diesem Roman verfolgt ist, dass nicht nur Erfolg, sondern auch eine ganze Portion Fantasie zum vollkommenen Lebensglück beitragen.
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