Medea. Stimmen von Christa Wolf – Inhaltsangabe

1996 erschien erstmals der Roman „Medea.Stimmen.“ von Christa Wolf. Der Roman basiert auf der griechischen Figur Medea, die Euripides in der Antike in einer seiner bekanntesten Tragödien der damaligen Leserschaft näherbrachte. Über 2000 Jahre später griff nun Christa Wolf diesen Stoff wieder auf und erfand ihn neu. In ihrem Roman wechseln sich sechs verschiedene Stimmen ab, die in Monologen sprechen. Durch diese Monologe kommt die Handlung in Schwung und der Leser erhält durch die verschiedenen Stimmen sich ergänzende Informationen. Ihre Medea stammt, ebenso wie jene von Euripides, aus Kolchis am Schwarzen Meer. Christa Wolf hat für ihren Roman den wunderschönen Schauplatz Korinth gewählt.

Medea

Tochter von König Aietes und Idya. Kolcherin. Schwester von Chalkiope und Absyrtos.

Medea ist eine Königstochter aus Kolchis, die nach ihrer Verbannung von dort nach Korinth geflohen ist. Sie ist mit dem Argonauten Jason vermählt. Dieser lebt am Hof von König Kreon von Korinth. Medea liegt im Fieberwahn und wird von einer schrecklichen Krankheit gequält. In ihren Träumen spricht sie mit ihrer Mutter und erzählt ihr von Königin Merope, die in Trauer zu versinken droht. Königin Merope hat die Gebeine von einem Mädchen in einer Höhle versteckt. Medea erinnert sich daran, wie sie den Argonauten Jason kennenlernte. Er kam eines Tages an den Hof von Kolchis und forderte das „Goldene Vließ“ von ihrem Vater. Dieser verweigerte sich jedoch und so beschloss Medea, Jason zu helfen. Jason erhielt das Goldene Vließ und Medea wurde verbannt. Allerdings hatte sie bei ihrer Flucht nach Korinth andere Motive als ihre augenscheinliche Liebe zu dem Argonauten Jason. Diese Gründe sind nur ihr bekannt, niemandem sonst.

Jason

Schiffsführer von der „Argo“. Argonaut. Ehemann von Medea.

In Korinth wird Medea wegen dem Mord an ihrem Bruder Absyrtos verdächtigt und angeklagt. Jason ist sich der Tatsache bewusst, dass seine Stellung an Bord der „Argo“ keinerlei Einfluss auf die Verhandlung haben würde. Medea zeigt sich in der Öffentlichkeit ohne Furcht und provokant. Dies ist vielen zuwider und Jason wird von den meisten Korinthern von oben herab behandelt. Medea legt eine rebellische Haltung an den Tag und möchte sich nicht anpassen. Sie wird zwar in der Stadt aufgrund ihrer Klugheit und ihrer Heilkunst geschätzt, zugleich fürchten die Menschen aber ihre mentale Stärke, die sie nach außen hin ausstrahlt. Jason fühlt sich von seiner Frau bedroht und stellt Korinth und seine Stellung am Hof über Medea.

Agameda

Kolcherin. Frühere Schülerin von Medea.

Agameda ist Medea nicht zugeneigt und hasst sie seit ihrer Kindheit. Sie ist Heilerin und hat sich mit Presbon, einem überaus selbstgefälligen Gesellen, in Korinth eine neue Heimat geschaffen. Aufgrund des Hasses, den sie Medea gegenüber hegt, beschuldigt sie Medea, die Königin auszuspionieren. Dies erzählt sie dem engsten Vertrauten vom König, Akamas. Dieser ist der Meinung, dass er dieses Wissen nicht der Öffentlichkeit preisgeben kann, ohne ein überaus brisantes Staatsgeheimnis zu verraten. Beide schmieden ein Komplott und kommen zu dem Schluss, dass es das beste wäre, Medea den Mord an ihrem Bruder Absyrtos anzuhängen.

Medea

Die Anschuldigen bezüglich des Mordes an ihrem Bruder, die bald die Runde in Korinth machen, kommen auch Medea zu Ohren. Sie spricht darauf in ihrem Monolog direkt ihren verstorbenen Bruder Absyrtos an und erzählt ihm und somit dem Leser ihre eigentlichen Beweggründe zur Flucht nach Korinth: Ihr Vater, König Aietes, ermordete ihren Bruder Absyrtos, weil er seine Machtposition gefährdet sah. Absyrtos galt damals als Hoffnungsträger des Volkes und wollte den Staat gänzlich umbauen. Medea zieht Parallelen zu der traurigen Gattin von König Kreon. Die menschlichen Überreste, die in der Höhle liegen, sind die Gebeine der Tochter von König Kreon, die dieser aus demselben Machthunger heraus wie Medeas Vater ermordet hatte. Medea verliert die Hoffnung und denkt, dass sie dem Bösen der Welt niemals entfliehen kann.

Akamas

Korinther. Erster Astronom von König Kreon

Der Monolog beginnt mit einer Erinnung von Akamas. Dieser denkt an die Zeit zurück, als er den Argonauten Jason und Medea das erste Mal zusammen in Korinth sah. Medea bliebt ihm bei dieser Begegnung im Gedächtnis, er war sofort fasziniert von ihr. Akamas führt viele Gespräche mit ihr und entdeckt ihre Klugheit. Die Loyalität zu Korinth ist allerdings stärker als die Faszination von Medea und er ist der Meinung, dass Iphinoe für das Gemeinwohl sterben musste. Trotz dieser Einschätzung hat er für den König allerdings nichts als Verachtung übrig. Medeas Untergang scheint für ihn besiegelt zu sein, anders sieht das der zweite Astronom Leukon. Dieser ist Medea gegenüber loyal und entzieht sich daher der Politik, um sich mit der Wissenschaft zu beschäftigen.

Glauke

Korintherin. Königstochter von Kreon und Merope
In Korinth verschlingt die Pest Tausende von Menschen und Glauke ist der Meinung, dass sie die alleinige Schuld für dieses Unglück trägt, weil sie mit Medea eine Art Freundschaft verbindet. Seit langer Zeit kämpft Glauke mit Angstzuständen, fehlendem Selbstbewusstsein und epileptischen Anfällen. Medea hilft ihr und gibt ihr Heilkräuter. Überdies überredet sie Glauke dazu, sich immer wieder an das Trauma, das sie erlitten hatte, als ihre Schwester eingesperrt wurde, zu erinnern. Die Therapie von Medea scheint Wirkung zu zeigen und Glaukes epileptische Anfälle nehmen ab. Sie hegt leidenschaftliche Gefühle für den Argonauten Jason. Sie erkennt, dass Medea den Bildhauer Oistros liebt und freut sich darüber. Die Gerüchte über Medea kommen immer mehr Leuten zu Ohren und Glauke schämt sich ihrer Freundschaft zu Medea. Ihr Vater, König Kreon, erteilt ihr den Befehl, sich von Medea fernzuhalten.

Leukon

Korinther. Zweiter Astronom von König Kreon

Alkama hetzt das Volk gegen Medea auf, das sie schließlich durch die Straßen von Korinth treibt. Medea ist laut dem Volk Schuld an dem Erdbeben, das die Stadt vor Kurzem erschüttert hatte und an der Pest, die in den Gassen wütet. Leukon spricht mit Alkama unter vier Augen, hat aber nicht den Mut, den Rufmord von Alkama der Öffentlichkeit preiszugeben. Medea selbst zeigt sich ohne Furcht und Angst, was Leukon nicht versteht. Akamas misstraut Leukon zunehmend, weil er trotz der Anschuldigungen noch immer mit Medea und anderen Kolchern befreundet ist.

Medea

Medea wurde in ein Verlies gesperrt und muss auf die Verhandlung des Gerichts warten. In Gedanken erinnert sie sich an ihre Verhaftung: Sie trug ein festliches Kleid und zeigt sich stolz und unnachgiebig wie immer auf dem Frühlingsfest. Trotz des Festes scheint etwas in der Luft zu liegen und eine Nachricht aus dem Palast, die schlechte Kunde verlauten ließ, brachte das Fass zum Überlaufen. Das Volk beginnt, seinem Zorn freien Lauf zu lassen. Medea erkennt die Situation und flieht zu einem anderen Fest, das die Kolcherinnen am selben Tag veranstalten. Dort stößt sie auf Turon. Dieser ist ein Emporkömmling und hat zwischen den Ratgebern des Königs seinen Platz. Er ist auf Provokation aus und fällt einen heiligen Baum im Hain der Kolcherinnen. Bevor Medea die Frauen umstimmen kann, entmannen diese Turon in ihrem Zorn. Zu einem späteren Zeitpunkt behauptet Turon, Medea habe ihm das angetan.

Jason

Jason ist sich der Tatsache bewusst, dass die Verhandlung von Medea bloß eine Farce ist und das Urteil im Vorhinein schon entschieden wurde. Er erfährt zu ihren Gefühlen zum Bildhauer Oistros und Medea nennt ihn feige, da er sich nicht gegen das Regime zu wehren versucht. Aus Zorn stimmt Jason der Verbannung Medeas zu. Die Söhne, die er gemeinsam mit Medea hat, sollen im Palast des Königs aufwachsen.

Leukon

Leukon ist sich bewusst, welche Motive die Ankläger Medeas haben, doch er kann nichts unternehmen. Er fühlt sich hilflos, während Akamas Glaukes Selbstmord dazu nutzt, Medea noch einen Mord anzuhängen. Akamas intrigiert und erreicht die Steinigung von Medeas und Jasons Söhnen. Jason hat sich der Verwahrlosung preisgegeben und bleibt nur noch in der Nähe der „Argo“.

Medea

Jahre später hat sich Medea mit ihrer Ziehschwester Lyssa ein Heim in einer Höhle geschaffen. Sie erfährt, dass die Korinther bist zum heutigen Tage behaupten, dass sie ihre Söhne selbst ermordet hätte und ihr so den Titel Kindsmörderin verpasst haben. Medea reagiert mit Flüchen und Verwünschungen gegen jene, die sie verraten und gepeinigt haben.Sie fragt sich, ob es irgendwo eine Welt gibt, in die sie mit ihrem starken Charakter passt.

Zeitgeschichtliche Einordnung

Christa Wolf wurde in Landsberg a.d. Warthe im Jahre 1929 geboren. Heute gehört das Städtchen der polnischen Gorzów Wielkopolski an. Bis zur Wiedervereinigung lebte die Schriftstellerin in der DDR. Dort nahm damals die Unzufriedenheit der Bürger zu, als sie sahen, wie anders das Leben in der BRD zuging. Nach der Wiedervereinigung waren die meisten jedoch ernüchtert. Neben „Medea“ schiebt Christa Wolf auf einige Essays, Briefsammlungen, Aufsätze, Gespräche und Reden. In „Medea“ verarbeitete die Autorin ihre persönlichen Erfahrungen mit der DDR und der anschließenden Wiedervereinigung.

Kurze Zusammenfassung

Der Roman besteht aus einer Vorbemerkung, einem Vorwort und 11 Monologen, die als Stimmen gelten.

Schauplatz ist das Städtchen Korinth, Protagonistin ist die Königstochter von Kolchis, Medea. Sie floh mit dem Argonauten Jason nach ihrer Verbannung nach Korinth. Medea fällt durch ihre stolze Haltung am korintischen Hofe auf und erregt daher Unmut. Aufgrund des Hasses und des Neides einiger wenigen wird gegen sie intrigiert. Sie wird zu einem Sündenbock gemacht und verbannt, wo sie fortan in einer Höhle mit ihrer Ziehschwester lebt.

Chronologie und Schauplätze

Die Handlung spielt sich überwiegend am Schauplatz Korinth ab, nach der Verbannung Medeas in der Wildnis. Zeitlich betrachtet erstrecken sich die Ereignisse über Jahre.

Hauptpersonen:

Medea

-Kolcherin
-Tochter von König Aietes und seiner Gattin Idya
-Schwester von Chalkiope Absyrtos
-heilkundig
-selbstbewusst, stolz, selbstlos

Lyssa

-Kolcherin
-Ziehschwester von Medea
-energiegeladen
-aktiv

Jason

-Argonaut
-Schiffsführer von der »Argo«
-passiv
-angepasst
-feige

Glauke

-Korintherin
-Tochter von König Kreon und Merope
– einsam, labil, traumatisiert, freudlos

Leukon

-Korinther
-zweiter Astronom von König Kreon
-loyal, passiv

Akamas

-Korinther
-erster Astronom von König Kreon
-intrigant, aktiv

Kreon

-König von Korinth
-verantwortungslos, grausam, schwach

Agameda

-Kolcherin
-frühere Schülerin von Medea
-neidisch, intrigant

Presbon

-Kolcher
-Veranstalter von den Spielen Korinths
-selbstgefällig, dumm

Stil und Sprache

Der Roman wurde in einfacher und eleganter Sprache verfasst, die sich dennoch flüssig liest. Die Charaktere bzw. die Stimmen erhielten verschiedene sprachliche und stilistische Mittel, damit der Leser sie besser differenzieren kann.

Interpretationsansätze

  • Der Roman „Medea“ ist…-ein politischer Roman
    -ein autobiographischer Roman
    -ein Flüchtlingsroman
    -ein psychologischer Roman
    -ein feministischer Roman

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