Kalendergeschichten von Johann Peter Hebel – Inhaltsangabe

Die Kalendergeschichten von Johann Peter Hebel orientieren sich – wie aus dem Titel ersichtlich – an der Gattung der Kalendergeschichte, die vom 16.-18. Jahrhundert eine gerade beim „einfachen Volk“ beliebte Textart war und in Hauskalendern veröffentlicht wurde. Obwohl auch Hebel die Textform für Volkskalender, wie den Badischen Landkalender und den Rheinländischen Hausfreund als dessen Nachfolger verfasste, hat er sie in gewisser Form von ihrer Bindung an Kalendarien befreit, sie stilistisch verfeinert und ihr eine eigene Note gegeben; um die Abwandlungen der Kalendergeschichte durch Hebel zu verstehen – welche wiederum dessen schriftstellerische Nachfolger beeinflusst hat – ist es wichtig, dass man die Kennzeichen der ursprünglichen Gattung kennt.

Die Originalform der Kalendergeschichte zeichnet sich durch ihre Nähe zum „einfachen Volk“ aus und hat – ähnlich wie der Schwank – den Wunsch zu amüsieren und gleichzeitig eine Moralvorstellung zu vermitteln. Johann Peter Hebel sollte mit seinen Kalendergeschichten insbesondere dem alten lutherisch-badischen Landkalender aus seinen erheblichen Absatzschwierigkeiten heraushelfen und war Mitglied einer Kommission, die die Aufgabe bekam, entsprechende Verbesserungsvorschläge einzureichen.

Im Nachhinein kann man sagen, dass Hebels schriftstellerische Leistung und seine spätere Tätigkeit als Redakteur des Rheinländischen Hausfreunds einen wesentlichen Anteil an der Absatzsteigerung der Publikation hatte. Im Rahmen dieser Arbeit sind sehr viele Kalendergeschichten aus Hebels Feder geflossen. Hier können und sollen nur exemplarisch die Inhalte der zwei wohl bekanntesten und auch viel in Schulen behandelten Texte dargestellt werden, die die Titel „Kannitverstan“ und „Unverhofftes Wiedersehen“ tragen.

Kannitverstan

Hebels Kalendergeschichte „Kannitverstan“ erzählt in humorvoller und nachdenklicher Weise von der ersten Auslandsreise eines jungen Handwerkers, die ihn nach Amsterdam führt. Dort kann er sich der Begeisterung über ein herrschaftliches Gebäude und ein luxuriöses Segelboot nicht entziehen und fragt jeweils nach den Namen der Besitzer. Auf jede dieser Fragen erhält er die Antwort „Kannitverstan“ („ich kann nicht verstehen“), woraus er fälschlicherweise ableitet, dass all diese bemerkenswerten Objekte einem sehr wohlhabenden Herrn mit gleichlautenden Nachnamen gehören müssen. Der junge Handwerker reagiert mit erheblichem Erstaunen auf die vermeintliche Tatsache, dass Herr Kannitverstan es zu einem solchen Reichtum gebracht hat, fühlt sich dadurch aber gleichzeitig durch seine eigene eher ärmlichen Lebenslage deprimiert.

In einer erzählerischen Wendung kommt es dann zu einer abschließenden Situation, in der der Protagonist auf einen Beerdigungszug trifft und auch hier nachfragt, um wen es sich bei der verstorbenen Person handelt. Als er auch hierauf die Antwort „Kannitverstan“ erhält, geht er natürlich wiederum davon aus, dass der edle und wohlhabende Herr Kannitverstan nun nicht mehr auf Erden weilt. Interessanterweise empfindet der Handwerker diese vermeintliche Tatsache als sehr tröstlich und zieht daraus die Schlussfolgerung, dass auch größter Besitz und Reichtum einen nicht vor dem Tode schützen können.

Unverhofftes Wiedersehen

Diese ebenfalls überaus bekannte Kalendergeschichte Hebels ist eher romantischer Natur und erzählt von einer Frau im schwedischen Ort Falun, die am Luciatag (also an einem bedeutenden schwedischen Feiertag im Dezember) einen Bergmann ehelichen will. Auf Grund eines Grubenunglückes von dem der Partner nicht mehr zurückkehrt, kann die Hochzeit nicht vollzogen werden.

In Folge beschreibt die Geschichte anhand einer Aufzählung historischer Ereignisse einen Zeitraum von 50 Jahren, der um den Tag der Sommersonnwende des Jahres 1807 in einem besonderen und eben unverhofften Wiedersehen endet, als der Leichnam des Bergmannes geborgen wird und die bereits ergraute Protagonistin den so geliebten Mann noch einmal zu Gesicht bekommt. Die Leiche des Bergmannes war durch das vitriolhaltige Wasser unter Tage nicht ein Stück gealtert und so begegnet die ehemalige Verlobte im Grunde ihrem zukünftigen Ehemann von damals und empfindet diesen Moment auch als einen -sehr verspäteten – Vollzug der Eheschließung.

Interessant ist in dieser Geschichte die Symbolik des „Lichtes“, die den Luciatag und den Midsommar-Tag verbindet und so eine lineare Zeitvorstellung einer traditionelleren und zyklischen Betrachtungsweise gegenüberstellt. Als Fazit kann man darauf hinweisen dass Johann Peter Hebel der originären Form der Kalendergeschichte in seiner Virtuosität zu neuem Auftrieb verholfen hat und dass sowohl komisch-groteske, wie auch hoffnungsvolle Elemente sich in dieser Abwandlung wiederfinden. Und auch die Leser haben sich selber offensichtlich innerhalb dieser Gattung selbst erkannt und wiedergefunden.

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