Das Drama „Leben des Galilei“ von Bertolt Brecht erschien im Jahr 1939 in seiner ursprünglichen Fassung. Zu dieser Zeit war Bertolt Brecht auf der Flucht ins Exil vor den Nationalsozialisten. Im Exil befasste er sich zunehmend mit der Thematik der Verantwortung von Wissenschaft und Forschung, sodass dieses Werk entstehen konnte.
Im Jahre 1943 wurde das Drama erstmals in Zürich aufgeführt. Brecht war von Beginn an überzeugt von seinem Werk und hielt es für ein episches Bühnenstück. Das Drama „Leben des Galilei“ wurde im Jahre 1955 zum ersten Mal in Deutschland aufgeführt, genauer in Köln. Darüber hinaus wurde das Stück in den Jahren 1609 bis 1642 auch in Florenz, in Rom und in der Universitätsstadt Padua gespielt.
Das Drama ist in 15 Szenen untergliedert, in denen die Hauptfiguren Galilei selbst, sowie seine Tochter Virginia, ihr Verlobter Ludovico Marsili und seine Haushälterin Frau Sarti eine Rolle spielen. Daneben gibt es noch die Figuren des Kardinals Barberini, des Kardinals Inquisitor und den Schülern des Gelehrten.
Brechts Drama beginnt damit, dass Galilei an der Universität Padua als Lehrer unterrichtet. Dies ist im Jahre 1609 und Galilei bestreitet damit den Lohn für sich und seine Familie, die sich in finanzieller Not befindet. Galilei klärt am Anfang des Dramas den Sohn der Haushälterin über das heliozentrische Weltbild auf. Dieses Weltbild hat die Sonne als Mittelpunkt des Sonnensystems. In diesem Moment betritt ein neuer Schüler den Raum. Es ist Ludovico Marsili, ein Holländer, der von einer neuen Erfindung berichtet. Diese Erfindung ist ein Fernrohr und Galilei ergreift die Chance, das Fernrohr als seine Erfindung auszugeben, um aus der finanziellen Not herauszukommen.
Die zweite Szene beginnt damit, dass Galilei das Fernrohr nachbaut und den Nachbau Venedigs Rat vorstellt, der direkt begeistert ist. Es wird darüber gesprochen, das Fernrohr für militärische Zwecke einzusetzen. Das kümmert den Forscher nicht, denn dieser kümmert sich nur um seinen eigenen Profit. Doch schnell wird deutlich, dass das Fernrohr nicht Galileis Erfindung ist. In der dritten Szene werden nämlich diese Fernrohre von Holland in die Welt exportiert. Galilei scheint dies nicht weiter zu stören, denn er hat mit seinem Fernrohr, das besser ist als die aus Holland, Beweise entdeckt, die seine Theorie des heliozentrischen Weltbilds bekräftigen. Als er mit seinem Freund Sagredo über seine Entdeckung spricht, wird schnell deutlich, dass diese erhebliche Auswirkungen auf das kirchliche Weltbild haben. Laut Giordano Bruno hat in dem heliozentrischen Weltbild Gott keinen Platz mehr und stellt nicht mehr den Mittelpunkt der Welt dar. Somit soll Galilei aufpassen, denn die Kirche würde ihn verfolgen und schlimmstenfalls auf dem Scheiterhaufen niederbrennen. Doch das interessiert ihn nicht. Er plädiert auf die Wissenschaft und die Vernunft. Damit Galilei seine Beweise untermauern kann, zieht er nach Florenz. Von dort aus kann er einerseits besser forschen, jedoch anderseits kontrolliert die Kirche dort intensiver.
Die vierte Szene handelt davon, dass Galilei seine Erkenntnisse dem Florentiner Hof vorstellt. Dort erhält er nicht die Aufmerksamkeit, die er sich wünschte. Im Gegenteil, die Gelehrten beschließen den Vatikan zurate zu ziehen, der den Behauptungen Galileis nachgehen soll. Auch dieser Rückschlag bringt Galilei nicht ins Wanken, er forscht in der fünften Szene weiter und selbst die ausgebrochene Pest bringt ihn nicht davon ab. Die sechste Szene, in der mittlerweile das Jahr 1616 geschrieben wird, bringt die Ergebnisse des Vatikans. Damit sind Galileis Erkenntnisse absoluter Unsinn. Er wird verspottet und es wird ihm Ketzerei vorgeworfen. Es gibt nur einen Geistlichen, der hinter Galilei steht.
Die siebte Szene beginnt mit dem Maskenball von Kardinal Bellarmin, den Galilei mit seiner Tochter besucht. Dort wird ihm zugetragen, dass seine Forschung durch die Inquisition verboten wurde. Die Kirchenväter fühlen sich durch Galileis Erkenntnisse bedroht und in ihrer Macht untergraben. Nun wird Galilei bewusst, dass sein neues Weltbild keine Chance hat. In der achten Szene streitet sich Galilei mit einem Mönch, dieser hält an dem alten Weltbild fest. Nichtsdestotrotz gelingt es Galilei den Kritiker zu überzeugen.
In der neunten Szene ist es bereits 1623. Galilei kommt wieder seiner Arbeit als Lehrer nach und forscht nur noch wenig. Als Ludovico, der Verlobte seiner Tochter, ihn besucht, erfährt er, dass es dem Papst sehr schlecht geht. Kardinal Barberini steht als sein Nachfolger in der engsten Auswahl. Galilei ist wieder voller Hoffnung, da er meint, dass Kardinal Barberini auf seiner Seite steht. So stürzt er sich wieder in die Forschung. Die zehnte Szene handelt von Galileis Entdeckungen, die sich allmählich unter dem Volk verbreiten. Das hat zur Folge, dass die Kirche immer mehr hinterfragt wird, ihre alleinige Macht wird infrage gestellt und schon bald wird die Kirche öffentlich verhöhnt.
Es vergehen zehn Jahre und es gibt noch immer keine Hoffnung auf einen neuen Papst. In der elften Szene erhält Galilei eine Einladung in den Palast der Medici, der sich in Florenz befindet. Er denkt, dort würde über sein neues Buch gesprochen werden. Vor Ort trifft er auf Vanni, einen Eisengießer, der ihn zur Flucht animiert. Galilei lässt sich nicht beirren von den Warnungen und schnell wird deutlich, er hätte fliehen sollen.
In der zwölften Szene kommt es zu einer Diskussion zwischen dem Kardinal Inquisitor und dem Papst. Beide besprechen die möglichen Auswirkung Galileis neuen Weltbildes auf das Volk und die Kirche. Sie kommen zu dem Entschluss, dass der gesamte Glaube in Gefahr gerät. Somit beschließen sie Galilei der Inquisition vorzuführen, damit er seine Entdeckungen widerruft, notfalls unter Anwendung grausamer Folter.
In der dreizehnten Szene widerruft Galilei seine Erkenntnisse, da er sich vor der Kirche und ihrer Sanktionen fürchtet. Seine Schüler sind sehr enttäuscht von ihm, sie beschimpfen ihn und wenden sich von ihm ab.
Von Beginn der vierzehnten Szene an steht Galilei unter strengster Beobachtung seitens der Kirche. Er darf zwar weiterforschen, jedoch dürfen keine Ergebnisse Publik werden. Virginia, seine Tochter, notiert die Resultate und gibt sie an die Kirche weiter, wovon Galilei nichts weiß. So vergehen Jahre, bis ein ehemaliger Schüler, Andrea, ihn besucht. Sie sprechen zusammen über den Widerruf und die Folgen. Andrea hält den Widerruf für einen guten Plan Galileis, der jedoch gibt zu, er habe lediglich Angst vor der Folter gehabt. Weiter hält er sich für einen Verräter. Einen Verräter der Wissenschaft und der Forschung. Er ist sehr betrübt darüber, dass er nicht stärker war. Galilei übergibt ein Manuskript an Andrea, von dem seine Tochter nichts weiß.
In der fünfzehnten Szene, der letzten Szene, gelingt es Andrea das Manuskript über die Grenze zu schmuggeln.
Das „Leben des Galilei“ verdeutlicht, dass Forschung und Wissenschaft ihren Standpunkt bei neuen Entdeckungen vertreten sollen, wenn dieser nachgewiesen ist. Dabei ist irrelevant, ob das zu diesem Zeitpunkt gut oder schlecht ist. Zudem bespricht das Drama die Frage, welche Auswirkungen die neuen Entdeckungen für die Menschheit, die Kirche und die Gesellschaft haben. Besonders deutlich wird es, da Brecht das Drama überarbeitet hat, nachdem über Nagasaki und Hiroshima Atombomben abgeworfen wurden.
Zeitgeschichtliche Einordnung
Im Jahre 1898 wurde Bertold Brecht in Augsburg geboren. Er studierte Medizin in München, wo auch die Aufführung des zweiten Stücks „Trommeln in der Nacht“ stattfand.
1922 hat Brecht den Kleist-Preis erhalten und war als Dramaturg an den Münchener Kammerspielen beschäftigt.
Im Jahre 1924 zog er nach Berlin, dort feierte er seinen größten Erfolg mit der „Dreigroschenoper“. Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht ergriffen, hat Brecht beschlossen den Prozess des Galileis als Drama niederzuschreiben. Während des Krieges flüchtet Brecht. Zuerst nach Dänemark, dann nach Schweden, von da aus nach Finnland, nach Moskau bis nach Santa Monica in Kalifornien, im Jahr 1941.
Das „Leben des Galilei“ schreibt Brecht im Exil und überarbeitet das Werk mehrfach.
1943 kommt es in der Schweiz zur Uraufführung. Nachdem Atombomben über Nagasaki und Hiroshima abgeworfen wurden, überarbeitet Brecht das Werk wieder. Im Jahr 1945 bringt er eine „amerikanische“ Version heraus.
Im Jahr 1947 kehrt Brecht wieder nach Europa zurück und zieht nach Ostberlin. 1949 gründet er das Berliner Ensemble und im Jahr 1956 stirbt er.
Entstehung des Dramas
Es gibt drei Fassungen des Dramas, in denen Galilei unterschiedlich interpretiert wird.
Die erste Fassung, die 1943 in Zürich uraufgeführt wurde, zeigt Galilei als Meister der Anpassung. Er nutzt alle Mittel zu seinem Zweck.
Die zweite Fassung entstand 1945/47 in den USA und die dritte Fassung wurde 1954/56 angepasst für das Berliner Ensemble. In beiden Fassungen stellt Galilei den Widerruf als soziales Verbrechen dar.
Kurze Zusammenfassung
Die fünfzehn Szenen zeigen Galileo Galileis Lebensstationen in den Jahren 1609 bis 1637. Angefangen in Padua, bis nach Florenz und Rom und wieder nach Florenz, wo er starb. Galilei unterrichtet Mathematik an der Universität von Padua und befindet sich in einer finanziellen Notsituation. Diese Notsituation bewegt ihn dazu umzudenken. Er beginnt mit der Forschung am Hof von Florenz, da er dort mehr freie Zeit hat. Schnell findet er heraus, dass die Jupitermonde sich konträr zum ptolemäischen System bewegen. Mit diesem Wissen findet er jedoch kein Gehör bei den Gelehrten. Seine Entdeckungen werden vom Collegium Vaticanum bestätigt, jedoch auch direkt auf den Index gesetzt.
Galilei widmet sich mit seinen Schülern Andrea und Sarti, sowie dem kleinen Mönch harmlosen Forschungsfeldern zu. Nachdem der Kardinal Barberini zum neuen Papst erkoren wurde, erhofft sich Galilei mehr Zuspruch. Barberini war nämlich immer der Naturwissenschaft zugewandt. In Erwartung eines Durchbruchs arbeitet und forscht Galilei wieder an seinen verbotenen Entdeckungen.
Galileis Entdeckung ist in aller Munde und breitet sich im Volk aus. Da die Kirche sich bedroht fühlt, wird Galilei von der Inquisition eingeladen. Es wird ihm Folter angedroht und somit widerruft er sein neues Weltbild am 22.06.1633. In den Jahren 1633 bis 1642 lebt Galilei in Florenz. Er ist mittlerweile beinahe blind, dennoch schreibt er seine „Discorsi“. Sein ehemaliger Schüler Andrea kommt ihn besuchen und Galilei übergibt ihm eine Kopie seiner „Discorsi“, die Andrea 1937 aus Italien schmuggelt.
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